Vergleich mehrerer Systeme – Einstieg in Homematic
Immer wieder wird in Foren oder in Facebookgruppen die Frage gestellt, welches System bzw. welche Soft- und Hardware für das Front- bzw. Backend besser ist, wenn man neu bauen oder renovieren möchte.
In der folgenden Übersicht möchte ich die mir bekannte Möglichkeiten und MEINE MEINUNG dazu vorstellen. Es gibt nicht das einzig richtige System. Meiner Meinung nach richtet sich die Auswahl der zu nutzenden Software nach dem Kenntnisstand und dem Know-How des Anwender.
Zu Beginn noch der Vergleich der Systeme Homematic und Homematic IP von Stefan mit seinem Kanal „Verdrahtet“, den ich wärmstens empfehlen kann!
Die CCU2 ist ein kleines Gateway, welches überall Platz findet, sofern dort eine 230V Steckdose und ein LAN Anschluss verfügbar ist. Die Funktionsweise ist schnell erklärt. Die Aktoren oder Sensoren von Homematic senden Funkbefehle auf dem 868MHz Kanal an die Zentrale (CCU). Diese Funkbefehle werden von der Zentrale verarbeitet. Das funktioniert natürlich auch bidirektional, sodass die Homematiczentrale auch Befehle an die Geräte und Sensoren senden kann.
Wir also z.B. ein Fenster geöffnet, sendet der Tür-/Fensterkontakt (TFK) bei einer Statusänderung ein Signal an die Zentrale, die somit bescheid weiß, dass ein Fenster geöffnet wurde. Wird das Fenster wieder geschlossen, wird ein erneuter Befehle an die CCU gesendet und die Zentrale ist wieder auf dem aktuellen Stand.
Habe ich z.B. ein Programm in der CCU erstellt, welches die Rollos um 20 Uhr schließen soll, wird der Funkbefehl von der Zentrale an alle angesprochenen Aktoren gesendet. Die Rolladenaktoren empfangen den Befehl, prüfen kurz, ob der Befehl den benötigten Funkschlüssel mitsendet und führt diesen dann aus. Sobald der Befehl zu Ende ausgeführt wurde, sendet wiederum der Rolladenaktor seinen neuen Status an die Zentrale, damit der Zustand des Rollos in der CCU auch mit der Realität übereinstimmt.
Das Herzstück ist der Zentrale ist die WebUI (Web Userinterface). Dort können sämtliche Einstellungen vorgenommen werden. Da dort alles grafikbasiert und nicht als Scriptebene angelegt ist, sollte es jedem Leicht fallen, sich dort zurechtzufinden.
VORTEILE:
– Günstig
– Nach und nach erweiterbar
– Wenig bis kein Umbau erforderlich
– Mit allen auf dem Markt verfügbaren Komponenten ist fast alles möglich
– Tolle und hilfreiche Community
– Ohne Internet (z.B. Gartenlaube) nutzbar
– Anwesenheitserkennung möglich
– Über Scripte (TCL) sind auch unmögliche Programme umsetzbar
NACHTEILE:
– Da es viele batteriebetriebene Aktoren gibt, gehört das regelmäßige tauschen der Batterien dazu
– Es gibt kein eigenes VPN System. Um von unterwegs auf die CCU zuzugreifen, muss eine VPN Verbindung über den Router oder ein kostenpflichtiger (25€/Jahr) Clouddienst, wie www.cloudmatic.de eingerichtet werden.
– Immer noch Fehleranfällig. Mit der CCU muss man sich im klaren darüber sein, dass man sich damit beschäftigen muss. Jedes Firmwareupdate der Geräte oder der CCU birgt die Gefahr, dass etwas nicht mehr funktioniert.
Folgende Seiten, Kanäle, Blogs und Personen haben mir damals bei meinem Einstieg sehr weitergeholfen:
- Verdrahtet
Blogger mit einem tollen und gefüllten YouTube Kanal.
https://www.youtube.com/channel/UCYh0OOdITnYFgkO_vjuvupA/videos
http://www.verdrahtet.info/
https://www.facebook.com/groups/verdrahtet - www.Technikkram.net
- Homematic Forum
- www.christian-luetgens.de
- www.wikimatic.de
- Facebookgruppe Homematicfreunde
Wie der Name schon sagt, ist der/die/das Raspberrymatic eine Mischung aus Raspberry und Homematic. Auf dem Usertreffen 2017 in Kassel wurde die Frage nach einer CCU3 beantwortet (hier zu lesen). Daher sind viele, mich eingeschlossen, nach dieser Info auf den Raspberry umgestiegen. Ich hatte vorher noch nichts mit dem Minicomputer oder Linux zu tun gehabt und war daher etwas skeptisch. Aber das ist wirklich einfach. Anleitungen für den Umstieg gibts viele. Hier die Anleitung zum Umstieg von der CCU auf den Raspberry.
Es ist hier zu erwähnen, dass der Raspberry mit Raspberrymatic ein in sich geschlossenes Betriebssystem ist. Daher sind Änderungen am Linuxsystem so gut wie nicht möglich. Es kann also keine Homebridge oder anderes System parallel laufen.
VORTEILE:
– In der Minimalfassung sogar günstiger als eine CCU
– Deutlich schneller
– Die Hardware kann als Zentrale oder (etwas abgeändert) als LAN-Gateway verwendet werden
– Theoretisch auch mit WLAN möglich
– Wenn man das System wechselt, gibts für einen Raspberry immer eine andere Verwendung 🙂
NACHTEILE:
– Man muss ein kleines bisschen löten
– Die Antenne des Funkmoduls ist vom Gefühl her schlechter, als die der CCU. Wer also in einem großen Haus oder Bungalow (wie ich) wohnt, muss hier entweder eine externe Antenne anbringen (muss auch etwas gelötet werden) oder ein Funk LAN Gateway verwenden.
– Die Firmwareupdates sind etwas aufwendiger durchzuführen, aber überschaubar, wenn man sich dran gewöhnt hat (PS: Immer ein paar Micro-SD Karten auf Lager haben)
FHEM kenne ich nur aus Foren und Gruppen. Genutzt habe ich dieses System nie und habe es, auch nicht vor. 🙂 Laut den Beiträgen in Foren ist FHEM die CCU Software als Container auf dem Raspberry installiert. Da die Software dort nicht als Betriebssystem läuft, können noch weitere Tools, wie z.B. Homebridge (Steuerung der Homematic Komponenten über Apple Homekit), oder ioBroker installiert werden.
https://wiki.fhem.de/wiki/HomeMatic
VORTEILE:
– Auf einem Raspberry sind mehrere „Betriebssysteme“ möglich, also z.B. Homematic und Homebridge.
NACHTEILE:
– Das Erstellen der Programme ist ähnlich wie bei ioBroker. Es gibt zwar ein optisches Frontend, aber so richtig Userfreundlich finde ich es nicht.
Ich selbst nutze den Accesspoint nicht. Im Anwenderhandbuch von Homematic IP finden sich auf Seite 20 folgende interessante Absätze zum Thema Datenschutz.
Alle in der Homematic IP Cloud gespeicherten Daten sind komplett anonym,
das heißt, sie lassen keinerlei Rückschlüsse auf die Identität des Nutzers und
das individuelle Nutzerverhalten zu. Die Identifikation eines Anwenders von
Homematic IP ist auch theoretisch nur im Rahmen der Strafverfolgung und
auf der Basis eines Gerichtsbeschlusses möglich.
und
Die gesamte Kommunikation zwischen Access Point, Cloud und App erfolgt
verschlüsselt. Weder während noch nach der Installation der App müssen
Sie private Daten angeben, etwa Namen, E-Mail-Adresse oder Mobiltelefonnummer.
Auch hier bleibt Ihre Anonymität 100%ig gewahrt
Ganz interessant ist auch, dass es EQ3 wohl geschafft hat, die „Cloudlösung“ optimal zu nutzen. Im folgenden Absatz des Anwenderhandbuches findet man den Hinweis, dass die Geräte nach dem Anlernen eine Direktverküpfung mit den agierenden Geräten erhalten und somit auch ohne Internet steuerbar sind.
Damit das System auch während eines Internetausfalls ohne
Störungen weiterläuft, werden vom Homematic IP Cloud-Service alle notwendigen
Verknüpfungen unter den Geräten ermittelt und daraufhin automatisch erstellt.
Durch direkte Verknüpfungen zwischen den Geräten ist sichergestellt, dass der
Betrieb selbst während eines Internetausfalls aufrecht erhalten wird.
Dennoch gab es in der Vergangenheit immer wieder Berichte von Usern, die zeitweilig keine
Verbindung zum AP herstellen konnten und somit weder auf Programme, noch auf Daten der Geräte zugreifen konnten. (EDIT: 01_2019: Inzwischen hat EQ3 die Serverlandschaft massiv verbessert, sodass es seit Herbst 2018 keine Ausfallmeldungen mehr gibt)
Da der Accesspoint über kein Display verfügt, „meldet“ sich der AP über unterschiedliche Blinkmuster. Eine Übersicht der Fehlercodes befindet sich im Anwenderhandbuch auf Seite 184 über hier.
In der Verdrahtet Gruppe auf Facebook ist auch Holger Arends Mitglied, der für EQ3 arbeitet und Firmen im Umgang mit Homematic schult. Er hat sich abends mal die Zeit genommen und in einem Webinar Homematic IP vorgestellt.
VORTEILE:
– Der Server steht in Deutschland (Stand: 08/2017 in Hannover) & verschlüsselte Kommunikation
– Einfach Installation und Pflege
– Routing der Geräte möglich (bei „nicht IP“ Geräten benötigt man ein Funk LAN Gateway)
– Keine extra VPN Verbindung benötigt
– Wird zukünftig weitere Geräte erhalten und das zukünftige System sein
– Bei den meisten Geräten (Automatisches Firmwareupgrade möglich)
NACHTEILE:
– Keine Kontrolle über die persönlichen Daten
– Abhängig von der Sicherheit und Erreichbarkeit des Serveranbieters
– Steuerung nur über App möglich – Kein Zugang über einen Browser möglich
– Ohne Internet –> Funktionseinschränkung auf Programme und Daten der Geräte (Siehe Übersicht im Anwenderhandbuch)
– Keine Installation ohne Internet möglich
– Maximal 80 Geräte, 20 Räume und 15 Endgeräte möglich
– Kein automatische Anwesenheitserkennung möglich
– Deutlich weniger Flexibilität als mit der CCU (Keine Integration in externe Systeme & keine Scripte mehr möglich)
OpenHAB dient, ebenso wie ioBroker als Bindeglied zwischen der Homematic zentrale und anderen Systemen / Schnittstellen. Beide Systeme sind kostenlos. Auch ist eine Visualisierung darüber möglich. Meiner Meinung nach liegen die beiden Systeme sehr nah beieinander. Mich konnte keins davon begeistern.
ioBroker ist eine All-in-ONE-Lösung, die viele Systeme miteinander vereint und sogar eine Visualisierung anbietet. Zum Beispiel gibt es auch einen Unifi Adadpter, der es ermöglicht, eine Anwesenheitserkennung ohne FritzBox durchzuführen.
Zuerst war ich etwas skeptisch, da die Community überwiegend aus Linuxspezialisten besteht und daher mit Fachbegriffen um sich geworfen wird. Aber seit der neuen Version 3.4. ist die Optik wirklich etwas Nutzerfreundlicher geworden.
Die eigentliche Programmierung in ioBroker läuft entweder über Javascript (kann ich leider nicht), oder über Blockly. Und nach den ersten Videos auf YouTube habe ich es auch verstanden und nutze das System nun auch für einige Dinge, die in Homematic leider nicht einzubinden sind.
ioBroker läuft auf einem Raspberry, im Docker oder einem Windows PC (virtuell oder physisch) Die Installation ist dabei denkbar einfach und auf der Webseite beschrieben.
Wer Inspiration für eine visuelle Oberfläche benötigt, kann sich hier mal umsehen. https://iobroker.net/www/
Der AIO Creator von Mediola war bis April 2017 als Einmalprodukt zu kaufen. Das heißt, man hat die Software (AIO Creator) einmalig für nicht wenig Geld gekauft und hatte somit eine klasse Software die alle möglichen Geräte von Homematic unterstützt.
Der AIO Creator NEO ist ein Programm, welches auf einem PC installiert wird. Auf diesem PC werden die Visualisierungen erstellt und in die Cloud von Mediola hochgeladen. Die Tablets oder Smartphones laden die erstellte Oberfläche dann wieder von der Cloud herunter. Es ist auch möglich, die erstellten VIS´s direkt vom PC an die Endgeräte zu übertragen. (Anleitung lokaler Export)
Mich hat zu Anfang der Zusammenhang von Homematic, dem AIO Creator und dem Gateway irritiert. Für alle denen es genauso geht, hier die Erklärung:
- AIO Creator NEO
Das ist die reine Software. Keine Hardware, nur die Software. Mit der eigentlichen Software ohne Plugins kannst du erstmal nichts tun, außer rumspielen. - Gateway V4, V4+, V5, V5+
Das ist Hardware! Eine Box, in etwas so groß wie der Apple TV. Dort können Geräte per Infrarot, WLAN und Funk (433MHz und 868MHz) angelernt werden. Hierfür gibts keine riesige Kompatibilitätsliste. Um diese Geräte dann nutzen zu können, benötigt man die o.a. Software. Mit dem von Mediola angebotenen „Automation Manager“ können dann „Programme“, ähnlich wie bei Homematic auf der CCU erstellt werden. Aber 150€ für den Spaß, ist eine Stange Geld… - Homematic
Das ist das eigenständige System, welches ich oben erklärt habe. Häufig sieht man aber Angebote, in welchen der AIO Creator NEO UND die CCU UND das Plugin für Homematic angeboten wird. Das wäre dann die Minimalausstattung, die benötigt wird, um den AIO Creator mit Homematic zu nutzen.
Es gibt eine Vielzahl an Buttons und Möglichkeiten. Auch eigene Icons und Grafiken lassen sich hochladen und in der Visualisierung verwenden. Auf eine mögliche Lizenzbestimmung der Icons müsst ihr für den Privatgebrauch nicht achten, da ihr das ganze ja nur privat in den eigenen 4 Wänden ohne Gewinnerzielungsabsicht verwendet. Anders ist das bei Mietshäusern. Aber hierzu am besten vom Rechtsanwalt beraten lassen.
Hier eine Liste kostenloser Icons
- https://www.flaticon.com/free-icons/smart-home_196987
- https://homematic-forum.de/forum/viewtopic.php?f=19&t=29691
- http://www.iconarchive.com/tag/smart-home
- https://github.com/google/material-design-icons/releases/tag/1.0.0
Was bisher (noch) nicht geht, ist z.B. Texte oder Grafiken zu drehen. Texte sind IMMER horizontal angeordnet.
Hier eine Vorstellung der Software von Homematic-Inside.
VORTEILE:
– Sehr viele Möglichkeiten, eine tolle Visualisierung (VIS) zu erstellen.
– Wirklich einfach zu bedienen
– Viele Erweiterungen verfügbar
– Vorgefertigte Seitentemplates
NACHTEILE:
– Teuer in der Anschaffung
– Teure Erweiterungen
– Nicht ganz so flexibel wie ioBroker
– schlechte Webseite – man findet nie das, was man sucht und verhäddert sich in Seiten über Domaingrenzen hinweg mit falschem Menü
– Was den meisten aufstößt, die, wie ich auch, den AIO Creator NEO bereits 2016 für viel Geld gekauft hatten, müssen nun nach der Umstellung auf das SUS (ABO) Verfahren, nochmal für die selbe Software bezahlen; und zwar jährlich immer wieder.
PiVCCU ist die Originalsoftware von Homematic, in einen Container gepackt. Das ermöglicht den gleichzeitigen Betrieb von piVCCU und z.B. ioBroker auf demselben Raspberry, Tinkerboard o.ä.
Weitere Infos hat der Blogger von Technikkram.net beschrieben.
FAZIT:
Meiner Meinung nach muss jeder selbst für sich entscheiden, was ihm wichtig ist und was man zu leisten im Stande ist.
Der IT´ler:
Derjenige, der sowieso schon mit IT zu tun hat, möchte höchste Flexibilität und baut sich selbst was er möchte. Es möchte keine Einschränkungen, und keine für ihn nicht nachvollziehbare Grenzen. Wichtig sind ihm höchste Flexibilität und ein stabiles Grundsystem.
TENDENZ: Homematic (FHEM oder Raspberrymatic) und iobroker
Der Hobby-IT´ler:
Ähnlich wie oben, nur dass das Programm in seinem Grundaufbau einfach zu verstehen und funktionell ist. Erweiterungen möchte er testen, aber jederzeit zurück zu seinem funktionierenden System, wenn es etwas nicht funktioniert.
TENDENZ: Raspberrymatic und Mediola
Der Begeisterte:
Das sind die, die ein Smarthome einfach toll finden, aber keine technisches Know-how haben. Er traut sich Stück für Stück an Neuerungen heran. Seine Frustrationsgrenze ist aber unter der des Hobby-IT´lers.
TENDENZ: Homematic IP Accesspoint
Bitte nicht wörtlich nehmen. Das ist nur eine von mir frei gewählte Einteilung, um Neulingen zu helfen, sich zurechtzufinden.